Der Literaturwissenschaftler Albrecht Koschorke wurde am 13. September 1958 in Kastellaun im Hunsrück geboren und ist an der Universität Konstanz tätig. An der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und später in Paris studierte er die Fächer:
- Neuere Deutsche Literaturwissenschaft
- Philosophie
- Kunstgeschichte
- Kommunikationswissenschaft
- Ethnologie
1989: Promotion
1992 – 1993: Assistent an der Uni Würzburg
1994 – 1997: Assistent an der Freien Universität Berlin (FUB)
1997: Habilitation an der FUB
1998 – 2000: Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
ab 2001: an der Uni Konstanz Professor für Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaften
2002: Sprecher für den Sonderforschungsbereich „Literatur und Anthropologie“ an der Uni Konstanz
2003 – 2009: Sprecher für das Kulturwissenschaftliche Graduiertenkolleg „Die Figur des Dritten“
ab 2006: Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“
ab 2010: Sprecher des Graduiertenkollegs „Das Reale in der Kultur der Moderne“
2014: Wahl zum ordentlichen Mitglied der Academia Europaea
Albrecht Koschorke richtete an der Universität Konstanz zudem die Forschungsstelle „Kulturtheorie und Theorie des politischen Imaginären“ ein. Er ist überdies Mitherausgeber bei der „Deutschen Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte“.
Sein Werk
Seine erste monographische Veröffentlichung beschäftigt sich am Beispiel von Leopold von Sacher-Masoch mit der Wechselwirkung von Literatur und Erotik. Im Jahre 1990 erschien seine Dissertation mit dem Titel „Die Geschichte des Horizonts“ mit einer Verbindung zwischen literatur- mit kunstwissenschaftlichen Betrachtungsweisen. Dabei wird eine Tour d’Horizon beginnend im Mittelalter und endend im 20. Jahrhundert unternommen.
Seine Habilitationsschrift „Körperströme und Schriftverkehr“ erschien 1999 und orientiert sich an medientheoretischen Arbeiten von Jacques Derrida und Friedrich Kittler. Sie versucht darin, die Schriftkultur des 18. Jahrhunderts gleichsam als einen Umbruch in der Geschichte der Kommunikationsmedien zu sehen, weil die Kommunikation in dieser Zeit zunehmend verschriftlicht wurde und das distanzierende Medium Schrift quasi zu einem durchlässigen Träger der Empfindungen wurde, wenngleich die damaligen medizinischen Theorien ohne Zweifel einen starken Anteil an den Veränderungen in der Schrift- und Gefühlskultur mit Blick auf die Empfindsamkeit hatten.
Seine Arbeit „Die Heilige Familie und ihre Folgen“ des Jahres 2000 befasste sich mit dem Motiv der Heiligen Familie im Kontext der Kultur des christlichen Abendlandes. Nach seiner Auffassung war diese Familienstruktur von ganz grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Vater-Mutter-Kind-Beziehungen sowohl in der Theorie als auch in der Kunst. Auch moderne Mythen wie die Star-Wars-Saga wurden davon maßgeblich geprägt. Seine neueren Arbeiten, zum Beispiel die Gemeinschaftspublikation „Des Kaisers neue Kleider“ oder „Der fiktive Staat“, haben eher das Politisch-Imaginäre im Blickfeld.
Veröffentlichungen
- Leopold von Sacher-Masoch. Die Inszenierung einer Perversion. Piper, München 1988, ISBN 3-492-10928-4
- Die Geschichte des Horizonts. Grenze und Grenzüberschreitung in literarischen Landschaftsbildern. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-58064-7
- Körperströme und Schriftverkehr. Mediologie des 18. Jahrhunderts. Wilhelm Fink, München 1999, ISBN 3-7705-3377-1
- mit Cornelia Vismann, als Hrsg.: Widerstände der Systemtheorie. Kulturtheoretische Analysen zum Werk von Niklas Luhmann. Akademie, Berlin 1999, ISBN 978-3-05-003477-5
- Die Heilige Familie und ihre Folgen. Ein Versuch. Fischer, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-14765-4
- The Holy Family and Its Legacy. Religious Imagination from the Gospels to Star Wars. Columbia University Press, New York 2003, ISBN 0-231-12756-1
- mit Thomas Frank, Ethel Matala de Mazza, Susanne Lüdemann: Des Kaisers neue Kleider. Über das Imaginäre politischer Herrschaft. Fischer, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15448-0
- mit Lena Kugler, als Hrsg.: Bertha Pappenheim (Anna O.): Literarische und publizistische Texte. Turia und Kant, Wien 2002, ISBN 978-3-85132-320-7
- mit Uwe Hebekus und Ethel Matala de Mazza, als Hrsg.): Das Politische. Figurenlehren des sozialen Körpers nach der Romantik. Wilhelm Fink, München 2003, ISBN 978-3-7705-3894-2
- mit Susanne Lüdemann, Thomas Frank und Ethel Matala de Mazza: Der fiktive Staat. Konstruktionen des politischen Körpers in der Geschichte Europas. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-17147-7
- mit Nacim Ghanbari, Eva Eßlinger, Sebastian Susteck, Michael Thomas Taylor): Vor der Familie. Grenzbedingungen einer modernen Institution. Konstanz University Press, Konstanz 2010, ISBN 978-3-86253-005-2
- mit Konstantin Kaminskij, als Hrsg.: Despoten dichten. Sprachkunst und Gewalt. Konstanz University Press, Konstanz 2011, ISBN 978-3-86253-015-1
- Russische Ausgabe: Diktatory pišut. Literarurnoe tvorčestvo avtoritarnych pravitelej XX veka. Kul’turnaia revoliutsiia, Moskau 2014, ISBN
- Englischsprachige Ausgabe: Tyrants Writing Poetry. The Art of Language and Violence. Central European University Press, Budapest 2017, ISBN 978-963-386-202-5
- Wahrheit und Erfindung. Grundzüge einer allgemeinen Erzähltheorie. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012 u.ö., ISBN 978-3-10-038911-4
- Englischsprachige Ausgabe: Fact and Fiction. Elements of a General Theory of Narrative. de Gruyter, Berlin, Boston 2018, ISBN 978-3-11-034708-1
- Hegel und wir. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2013. Suhrkamp, Berlin 2015, ISBN 978-3-518-58620-4
- Adolf Hitlers Mein Kampf. Zur Poetik des Nationalsozialismus. Matthes & Seitz, Berlin 2016, ISBN 978-3-95757-281-3
- Portugiesische Ausgabe: O Mein Kampf de Adolf Hitler. Sobre a poética do Nacional-Socialismo. Uma leitura crítica. Cavalo de Ferro, Lissabon 2016, ISBN 978-989-623-225-2
- Türkische Ausgabe: Hitler’in Kavgam’ı Üzerine Bir Analiz. Nasyonal Sosyalizmin Poetikası. Iletisim Yayincilik, Istanbul 2016, ISBN 978-9750521164
- Englischsprachige Ausgabe: On Hitler’s Mein Kampf. The Poetics of National Socialism. The MIT Press, Cambridge (Mass.), London 2017, ISBN 978-0-262-53333-1
- mit Helmut Lethen und Ludwig Jäger, als Hrsg.): Auf die Wirklichkeit zeigen. Zum Problem der Evidenz in den Kulturwissenschaften. Campus, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-593-43043-0
- als Hrsg.: Komplexität und Einfachheit. DFG-Symposion 2015. J.B. Metzler, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-476-04356-6
- Verlierer lachen am längsten: warum Putschversuche gerade dann erfolgreich sind, wenn sie scheitern, und was Trumps Anhänger mit ihrem Helden verbindet (20. Januar 2021, nzz.ch, zum Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021)
Auszeichnungen
2002: Akademiepreis der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
2003: Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft
seit 2013: Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
2016: Philosophischer Buchpreis für Hegel und wir. Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2013[6]
Dieser Beitrag wurde am 06.06.2022 erstellt.