Die Besonderheit dieser Siedlung in Berlin hängt mit dem Leben und Wirken von Werner Düttmann zusammen. Daher zunächst ein paar Worte zum Leben und Wirken von Werner Düttmann.
Düttmann wurde am 6. März 1921 in Berlin geboren und starb am 26. Januar 1983 ebenda. Er war Maler, Architekt und Stadtplaner. Schon sein Vater Hermann Düttmann war als Bildhauer schöpferisch tätig. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er in der „Weißen Stadt“ in Berlin-Reinickendorf, in Kreuzberg und in Berlin-Blankenfelde.
Sein Studium nahm er 1939 an der Technischen Hochschule in Charlottenburg auf, musste dieses aber ab 1942 wegen des Wehrdienstes unterbrechen. Bevor er 1947 nach dem Zweiten Weltkrieg bei Hans Scharoun weiter studieren konnte, war er in amerikanischer und britischer Kriegsgefangenschaft. Nachdem er 1948 seine Diplom-Prüfung abgelegt hat, arbeitete er als Architekt im Kreuzberger Planungsamt.
Nach einem Aufbaustudium in England am „Institute for Town & Country Planning Kings College“ an der „Durham University“ war Düttmann als Architekt im Entwurfsamt in der Berliner Bauverwaltung tätig, um 1953 zum Regierungsbaurat berufen zu werden. 1960 wurde der freie Architekt Düttmann Senatsbaudirektor von West-Berlin, was einer Schlüsselstellung in der Stadtplanung gleichkam. Auch am Entwurf des Märkischen Viertels in Wittenau war Düttmann beteiligt. Nach einer Honorarprofessur wirkte Düttmann von 1966 bis 1970 als ordentlicher Professor an der TUB.
Seit 1961 gehörte Düttmann unter anderem der Akademie der Künste an, wo er ab 1967 Direktor für Baukunst und ab 1971 ihr Präsident war. Ab den späten 1960er-Jahren war Düttmann in seiner Eigenschaft als Stadtplaner maßgeblich an Flächensanierungsmaßnahmen in Kreuzberg beteiligt, der Bereich um das Kottbusser Tor ist noch heute von seiner Schaffenskraft geprägt.
Die Werner Düttann Siedlung
Kommen wir nun auf die Werner-Düttmann-Siedlung zu sprechen, die in Kreuzberg einen sozialen Brennpunkt darstellt. Der Anfang der 1980er-Jahre erbaute Komplex von Sozialbauwohnungen befindet sich zwischen Urban- und Graefestraße. Es handelt sich dabei um sechs vier- bis siebengeschossige Häuser mit insgesamt 40 Aufgängen. Das Land Berlin hatte die Gebäude dann auf der Grundlage einer Erbbaupacht an private Bieter verkauft, darunter an renditeorientierte Immobilienfonds, die von der „Immoba Liegenschaften GmbH“ verwaltet wurden.
Im Herbst 2021 wurden die 577 Wohnungen von der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WMB) aufgekauft. Erklärtes Ziel des Unternehmens ist hier die Sicherung bezahlbaren innerstädtischen Wohnraums, was ganz im Interesse des Berliner Senats läge, wie es der Bausenator Sebastian Scheel (Linke) bestätigte.
Die Finanzstaatssekretärin Vera Junker (SPD) vertritt das Land Berlin in der WBM und legt den strategischen Schwerpunkt etwas anders, indem sie auf die Notwendigkeit der Schaffung beziehungsweise des Erhalts „lebenswerter und sozial gemischter Kieze“ verweist. Doch oberste Priorität müsse aber der Neubau von Wohnungen sein, will man den Menschen bezahlbare Wohnungen in der Innenstadt zur Verfügung stellen. Ankäufe zu tätigen, wohlgemerkt unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, sollte nur nachrangig betrieben werden.
Der Wohnraum kann Motor für Integration sein
In der Werner-Düttmann-Siedlung gibt es einen beispielhaften Nachbarschaftstreff, den „Dütti-Treff“. Die Mitwirkenden arbeiten hier nach dem Konzept der „aktivierenden interkulturellen Nachbarschaftsarbeit“, das alle Altersklassen mit jeglichem kulturellen Hintergrund zu verbinden sucht. Die Ziele sind im Einzelnen:
- Aktivierung der Nachbarschaft
- Verbesserung von Lebensqualität und nachbarschaftlichem Zusammenhalt
- Unterstützungen in besonderen Lebenssituationen
- Beförderung der Vernetzung der Bewohner, Freiberufler, Initiativen und Vereine innerhalb der Siedlung
- Vertretung der Interessen der Bewohner gegenüber regionalpolitischen Entscheidungsträgern
So ist der Dütti-Treff zugleich Informations-, Kommunikations- und Kulturzentrum, das zum Beispiel künstlerisch-kreative Angebote wie Musik und Theater oder gemeinsames Kochen, aber auch eine Nähwerkstatt bereitstellt.
Auch als Erstberatungsstelle bei Rechtsfragen und Schulden wird der Dütti-Treff von den Anwohnern gern in Anspruch genommen. Verschiedene Bildungsangebote und geschlossene Gruppen für Frauen, Mädchen oder Väter runden das Angebot ab. Als zentrale Werte werden hier ganz gezielt respektvoller Umgang, gegenseitige Akzeptanz und ein verantwortungsvolles Füreinander vermittelt.
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